Mittwoch, 24. November 2010

Am Fluss der Zeit

Seid gegrüßt,

mein Name ist Jalal ibn Assaid; dies ist meine Geschichte.

Für meine Forschungen bereiste ich zu jener Zeit, von der ich erzählen werde, den Kosch, eine Region im Mittelreich, regiert von Kaiser Hal;
ich war unterwegs nach Nadoret, um dort Magister Bruckbart aufzusuchen. Ich reiste dabei mit einer Gruppe Händler auf der "Stern von Ferdok" unter Kapitän Albass; wir hatten an einer kleinen Insel geankert und schlugen das Nachtlager auf, als einer der Matrosen es als Problem empfand, ohne Zunderschwamm kein Feuer machen zu können. Feuer.

Genau mein Spezialgebiet.

Ja, das war ich. Ich muss sagen - man verzeihe diesen kleinen Einschub - irgendwie fühlte sich das alles seltsam an. Die Welt, die ich gewohnt war, war blasser, in ihrer Optik eher konzeptionell und imaginärer Art, dabei aber von einer Freiheit, wie ich sie zu eben jenen Zeiten, die ich dem geneigten Leser näher bringen will, schmerzlichst vermisste; ich fühlte alles um mich simplifiziert... ganz besonders deutlich wurde dies in der vis arcana, das was manche Magie oder magica nennen mögen. Die freine Kräfte von mannigfaltiger Art, wie ich sie von sonst her kannte, sie waren hier mehr ein einschnürendes Korsett. Dennoch, die Aussicht war über alles Stiftwerk auf Papier erhaben.

Oh, das neben mir... Igniferus I., auch kurz Ignaz genannt.
Wie dem auch sei... mitten in der Nacht wurde ich von jemandem geweckt und nahm im Hintergrund Lärm wahr:

Und ich hatte mich kaum erhoben, da stürzten auch schon diese zwei zwielichtigen Halunken auf mich und Ignaz zu; ihr letzter Fehler. Flusspiraten schienen schon länger den großen Fluss unsicher zu machen, die Angst vor ihnen, die einer der Matrosen hatte, schien wohl berechtigt. Die Furchtlosigkeit dieser zwei Herren war jedoch Übermut und Wahnwitz: Wer mit dem Feuer spielt, wird darin umkommen, wie es heißt.
Und mit Feuer empfing ich sie. Ach, das Aufgleißen des lodernden Lichts, wenn sich der erste Funke in der Hand entzündet und sich in Hitze als Strahl ergießt! Wenn die ganze Wärme und Kraft einen durchfließt - gibt es etwas Berauschenderes als Feuer? Licht, Energie und Wärme in seiner rohen Form, das wie Stein unter den Händen eines Bildhauers aus Potentialen durch Bahnen und Formen letzlich in heißem Glanz lodernd erblüht? Nur ein Wort: IGNIFAXIUS!Gleißte es auch lichterloh, keiner dieser Schurken floh. Unter meiner Feuerhand jeder sein Verderben fand.

Es liegt in der Natur einer jeden Energie, dass sie sowohl schöpferische wie zerstörerische Kraft hat; unter vier Flammenbahnen mußten sie ihr Leben lassen. Und ja, hinterher war mir kalt. Es war immer kalt, danach. Nicht nur wegen der versiegten Flammen.

Ich erlebte den Ausgang des Überfalls nicht mit, der Anführer des Gesindels konnte mich hinterrücks zu Boden senden - und das Nächste, das ich sah, waren diese drei Herren - ja, genau, die Händler vom Schiff. Wobei sie für Händler etwas zu gut kämpften... Dennoch, Praios' Auge schien gütig auf sie herab. Ach ja, natürlich! Die Namen! Nun, der Zwerg war Forgrimm, Sohn des Ferolax, der feine Herr zur Rechten Cuano Fuchsberg - und ich wusste da noch nicht was, aber irgendeine Form von Zwist schien zwischen ihnen zu liegen, die mehr war als nur ein Aufeinandertreffen ihrer Ansichten. Das dem so war, kann man sich ja denken; der halbhohe Haudrauf und ein Phexgeselle! Kein Wunder, dass Ardo, wie sich der blonde Hüne sich vorstellte, von besserer Gesellschaft träumte.
Nachdem ich ihnen danken konnte - denn ich verdankte ihnen wohl auch mein Leben - machte ich mich nun also auf den Weg in die Stadt hinein, und den Magister zu suchen. Dabei kam ich nicht umhin, ein Gespräch zu belauschen zwischen diesem Misanthrop und einem Zwerg, der sich als Gesandter des Flussvaters vorstellte - ja, seltsame Vorstellung, und das Zeug, das er dann noch faselte... - jedenfalls war dieser Zwerg immer noch angenehmer als der Hafenmeister, der ihn nicht gerade zu mögen schien:

Letztlich ließ ich den Hafen schleunigst hinter mir - nicht meine Welt, nein - und nahm mir etwas Zeit, dieses reizende Städtchen zu erkunden.

Das da war übrigens der Baron. Ja, genau der von der Statue im Hafen! Und so, wie er aussah, war er auch: arrogant, selbstverliebt und dekadent. Ignaz III. mochte ihn auch nicht.

Das da, der alte Griese... machte nicht viel her, optisch, aber, ha! Dass man Bettler nicht unterschätzen darf, das musste ja auch "M" damals erfahren, nicht wahr.
Nach meinem Stadtrundgang gings jedenfalls auf zum Magister, der hinter einem Dörfchen etwas abgeschieden in einem Turm lebte, unterstützt von einer Novizin. Aber dass er dem Bauernpöbel trotzdem zu nah war, ist ja klar. Alles, was nach Magie riecht, ist Dämonenzeug für die. Aber ich gebe zu, unter "Bruckbart" hätte ich ein anderes Gesicht erwartet.

Das da war Hesindiane. Ich glaube, sie hatte was für mich übrig, die Kleine. Was aber viel besser war: dieser Turm kannte die Macht des Feuers! Ich wusste sofort, da würde ich mich wie zuhause fühlen. Schade nur, dass ich damals kein Auge für das Feuer der Kleinen hatte. Irgendwie fiel mir das erst viel später auf. Aber gut, ist ja auch kein Wunder, ich meine, wir reden hier von dem elementaren Element, mit dem sich auch der Magister beschäftigte. Sympathischer Kerl. Naja, bis auf seine Ignoranz der Würde der Toten gegenüber, aber das ist ein anderes Kapitel. Ansonsten fühlte ich mich ihm eng verbunden, das feurige Element war sein Forschungsgebiet.
Während ich also mit Heschen für den Magister einen Blutwolf erlegte, dessen Lebensessenz er benötigte, zeigte sich dann auch wieder die Dummheit der Dörfler. Ich meine - den Turm anzünden!
Kinners, das war ein Steinturm! Bei Holz hätte ich ja mitgemacht. Idioten.

Naja. Der Magister hatte auch nicht immer die besten Ansichten. Keine Achtung vor den Toten.

Und das da! Kennt das jemand? Ein Morfu! Scheußliches Geschleim. Feuchte Sumpfkriecher mit Giftstacheln. Gah. Ich muss sagen, als ich das sah, musste ich an der Feuerfestigkeit des Herrn Magister etwas zu zweifeln. Kein ernsthafter Pyromagicus gibt sich doch mit so etwas ab, also bitte.

Daraufhin nahm ich das erste Mal eine andere Flamme wahr - in ihrer Stimme.

Der Magister wurde mir hingegen langsam etwas suspekt. Für einen Moment kam ich mir wie in einer anderen Szenerie vor: Ich trug einen schwarzen Helm und Umhang, darunter einen schwarzen Lederanzug, auf dessen Brust es blinkte, während der Magister ganz in schwarz gerobt war. Seltsam, nicht wahr? Als hätte irgendetwas in seinen Worten gelegen, das in einer anderen Welt ein röchelndes Echo gefunden hätte...

Als ich des Abends meinen Abschied nahm, um mich in der Stadt mit den drei Händlern zu treffen, war ich froh, den Turm des Magisters verlassen zu können - mein Hesindine-Häschen hingegen war weniger froh.

Nun, jedenfalls hatte ich kaum einen Fuß vor die Tür gesetzt, da sprach mich dieser - ich hielt ihn zuerst für einen Angroschim, dann fiel mir der kümmerliche Bart auf - Herr ansprach.

In der Stadt führte er mich dann zu dieser Dame halbelfischer Abstammung und zu ihrem Begleiter. Ich mochte ihre Haarfarbe. Es stellte sich heraus, dass sie, wie auch die drei Händler vom Schiff und ich, auf der Spur der Flusspiraten waren und wir vereinbarten, uns nach Einbruch der Dunkelheit erneut zu treffen.

Ich mag die Nacht. in der Dunkelheit leuchtet jede Flamme um so heller...