Donnerstag, 29. Juli 2010

Wüstenratte's Witcher: Judgment Day

Nachdem ich ja nun den Witcher beendet habe, kommt mein abschließendes Fazit.
Erstmal – ich mag Geralt.
Noch nie hatte ich einen Spiel-Chara, der eine so eigenständige Persönlichkeit besitzt. Was sicher zum größten Teil an der Vollvertonung der Dialoge (also auch der Dialog-Teile des Spieler-Charas) liegt, und an seiner Stimme und Sprechweise. Brummelig, lakonisch, machmal leicht genervt.
Der große Vorteil des vorgefertigten Charas, daß hier eine Vertonung des Spielers möglich ist. Gibt ja nur die eine Möglichkeit, die eine Stimme.
Ich hab ja normalerweise ein Problem damit, wenn mir ein Spiel die Spielfigur inklusive Namen bereits vorgibt. Ich mag selber meinen Chara erstellen, schließlich wird er die nächsten Tage und Wochen (im Falle von Oblivion Monate und Jahre, mittlerweile) mein Alter Ego sein. In diesem Fall wars gut einfach gemacht, und ich konnte mich mit meinem Witcher sehr schnell anfreunden.
Daß er recht gut dabei aussieht (trotz weißer Haare und Katzenaugen), hilft natürlich schon.
Auch sehr schön: der posige Kampfstil und der Drunken Witcher Walk, dank Motioncapturing. Ich habe ihn gerne mal etwas länger als nötig besoffen rumtorkeln lassen, einfach, weils so witzig war. Vergleichbar mit dem Gehumpel in Fallout 3, wenn der Spieler ne Beinverletzung hat.
Sonstige positive Dinge: das Gesamt-Ambiente, vor allem die quasi magische Atmosphäre in Kapitel 4. Die Stadt wirkte recht lebendig, mit Bettlern, Ganoven, Huren, motzigen Zwergen und ungeduldigen Elfen, und hochnäsigen Adligen in den besseren Gegenden.
Auch die, hm, erwachsenen Optionen haben mir gut gefallen. Mal was Neues. Und da wurde man andere Art als sonst in RPGs zum Jäger und Sammler. Photobucket

Die Story. Hmmja. Als alter Morrowind/Oblivion/Fallout 3-Spieler bin ichs ja gewöhnt, die Mainquest erstmal Mainquest sein zu lassen, und statt dessen lieber die Welt zu erkunden. Das geht beim Witcher ja nur bedingt. Klar ist es erstmal ratsam, die Klein-Aufträge zu erledigen, allein schon, um zu Geld zu kommen, eine bis Kapitel 4 rare Kommodität. Und in dem Moment, wo man genug hat, braucht man keins mehr. Hurra!
Dank der Kapitel-Aufteilung wird man aber immer wieder gezwungen, sich mit der Mainquest zu beschäftigen. Das gibt dem ganzen Spiel eine für mich ungewohnte Linearität.

Negativ-Punkte: bereits ab Kapitel 2 ging mir die fehlende Individualität der NPCs auf die Nerven. Nur ein Granny-Modell, nur ein Gramps-Modell, generic fatsos allüberall. Echte Individuen kann man an einer Hand abzählen.
Ganz doof: Geralts fehlende, hm, Akrobatik. In Kämpfen kann er per Salto über ganze Feindesgruppen hinwegspringen, im Intro und in den Cutscenes springt er auf Dächer, und wieder herunter. In der normalen Spielewelt dagegen stellen kniehohe Hindernisse ein unüberwindliches Problem dar. Er muß nicht mit einem kühnen Satz über den Zaun springen könnten, der die bespielbare Welt begrenzt, aber an einem rumliegenden Korb hängenzubleiben, ist schon etwas... peinlich. Mein Wunsch für Witcher 2: schaltet die Bevormundung aus. Laßt Geralt auch mal fallen können. Der kann das. Und wenn er von einer geländerlosen Wendeltreppe (wie es sie in Kaer Morhen gibt) fällt und draufgeht, ist doch auch wurscht. Muß man halt als Spieler aufpassen. Ich bin in Fallout 3 ein, zweimal von einem Highway Overpass in den Tod gestürzt, weil ich ein Loch im Boden übersehen habe. Tja, sowas passiert halt. Guckerchen aufmachen, ne?
Generell also: etwas mehr Bewegungsfreiheit, bitte.
Waffen und Rüstungen: ganz blöd, daß man die sehr coole Rüstung erst in Kapitel 5 erhält. Nicht daß man die vorher gebraucht hätte, aber ab und zu mal Wechsel des Outfits wäre ganz schön gewesen. Oder zumindest, daß sich die "Excellent Leather Jacket", die man sich ab Kapitel 3 leisten kann, sich optisch etwas mehr von dem Standard-Ding unterscheidet, als durch ein zusätzliches Täschchen und ein paar Nieten aufm Handschuh. (Ist das jetzt ein unterdrücktes Mehdchen-Gen, das da bei mir zum Vorschein kommt, oder schlichtweg die Tatsache, daß man bei modernen RPGs normalerweise schön der Sammelleidenschaft von Waffen und Rüstungen nachkommen kann, und die Zeit der Platzhalter-Grafik nach Diablo 1 vorbei war...?)
Auch gute Schwerter sind bis Kapitel 5 rar, dann aber bekommt man so viele nachgeworfen, daß man tatsächlich welche wegschmeißen (verkaufen geht ja auch nicht) muß, ohne sie mal ausprobieren zu können.
Und das bringt mich zur Nicht-Zugänglichkeit der eingelagerten Gegenstände ab Kapitel 5. Wozu sammelt man das ganze Zeug, wenn mans doch fast nicht mehr wiedersieht? Da hätte ne Möglichkeit geschaffen werden müssen. Und pfeif auf das, was man realistisch gesehen mitschleppen könnte – etwas mehr Platz im Inventar für die eine oder andere Zusatzwaffe hätte das Problem gelöst. Realismus? Pah. Wenn ich Realismus will, spiele ich kein Fantasy-RPG, sondern gehe in einen Lidl.

Insgesamt also gut gemacht, mit einigen Fehlern, die einem so manchmal das Spielvergnügen versauert haben.
Oh, und es hat zu oft geregnet. Photobucket


The Witcher. Hats mir gefallen? Ja. Ist es in meine Top Ten aufgestiegen? Ja. Top Three? Nope.
Werde ich Witcher 2 spielen? Ja.

1 Kommentar:

Alcarinque hat gesagt…

Mein Wunsch für Witcher 2: schaltet die Bevormundung aus. Laßt Geralt auch mal fallen können. Der kann das. Und wenn er von einer geländerlosen Wendeltreppe (wie es sie in Kaer Morhen gibt) fällt und draufgeht, ist doch auch wurscht. Muß man halt als Spieler aufpassen.

Leider wird das Spiel, meines Wissens, auch für Konsole umgesetzt, und da braucht es die Bevormundung. Ob nun die Steuerung da so grausig ist (wieso spielt mans dann?) oder der durchschnittliche Konsolenspieler einfach zu tumb ist, wage ich nicht zu spekulieren. *fg*

Das mit dem übrigen Inventar und dem zuvielen Geld im letzten Kapitel fand ich eigentlich mal ganz interressant, weil man irgendwie immer erwartet, das da ja noch was kommen muss, wenn man doch so schön Geld und Kram sammelt. *g*